Wenn der Smiley nicht mehr lacht: Mit Green Nudging Mitarbeitenden Klimaschutz erleichtern
Fast 4.800 Menschen hat das Projekt Green Nudging dabei geholfen, im Arbeitsalltag klimafreundlicher zu handeln. Die Evaluation zum Projektende zeigt: Das Konzept der sanften Anstupser wirkt und hat großes Potenzial – dank der Kreativität und der Einbindung der Belegschaft.
Das Gesicht rot, die Mundwinkel zeigen nach unten: Wenn im Lager bei Deutsche See in Bremerhaven die Temperatur eine Grenze überschreitet, trifft die Mitarbeitenden ein bestürzter Blick. Das Antlitz ist jedoch nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus LEDs und Teil des Projekts Green Nudging. Dabei helfen Nudges, sanfte Anstupser, den Mitarbeitenden dabei, den Energieverbrauch zu senken und so das Klima zu schonen.
Weil im laufenden Betrieb die Tore zu den Kühlräumen immer wieder geöffnet blieben, musste die Kühlung bei der Fischmanufaktur stärker arbeiten und trieb den Energieverbrauch in die Höhe. Das soll die LED-Anzeige verhindern: Ist die Temperatur im Soll, lächelt ein grüner Smiley, wenn nicht, zeigt der Nudge sein anderes Gesicht. Dadurch wurden die Temperaturschwankungen um rund ein Fünftel reduziert.
„Green Nudging ist ein wirksames Instrument für den Klimaschutz in Unternehmen, denn es ist niedrigschwellig, kostenkünstig und sehr flexibel einsetzbar“, berichtet Astrid Stehmeier von energiekonsens, der gemeinnützigen Klimaschutzagentur für das Land Bremen. Sie hat das Projekt gemeinsam mit der Klimaschutz- und Energie-Beratungsagentur Heidelberg – Rhein-Neckar-Kreis (KliBA) und der Sächsischen Energieagentur (SAENA) durchgeführt, wissenschaftlich begleitet und evaluiert von ConPolicy – Institut für Verbraucherpolitik in Berlin.
„Die wissenschaftliche Auswertung des Projekts war enorm wichtig, denn sie hat deutlich gezeigt: Green Nudging funktioniert sehr gut – wenn man einige Dinge beachtet“, so Stehmeier. Grundsätzlich geht es darum, den Mitarbeitenden in Unternehmen eine Entscheidung für klimafreundliches Verhalten zu erleichtern, ihnen aber dabei weiterhin mit Freiheit zu lassen, anders zu handeln. Verbote und finanzielle Anreize sind in dem Konzept tabu. Denn Nudging wirkt, indem die Entscheidungsarchitektur von Personen durch die Bereitstellung von Informationen, Erinnerungen oder Voreinstellungen verändert wird.
„Während der Projektlaufzeit haben die Nudging-Teams in den Unternehmen 68 Nudges umgesetzt, die zum größten Teil gut funktioniert haben“, erklärt Stehmeier. Es gab Anstupser für ein breites Spektrum an Situationen: Im Beobachtungszeitraum hat der Bremer Honig- und Süßungsmittelhersteller Sonnentracht hat durch geänderte Druckervoreinstellungen seinen Papierverbrauch um rund 12 Prozent reduziert. Bei abcPremium in Heidelberg hat eine bessere Kennzeichnung von Containern zu einer sortenreinen Mülltrennung geführt, durch die der Betrieb Gutschriften des Entsorgungsunternehmens erhält und so auch finanziell profitiert. Fast verdreifacht hat sich die Rate der ausgeschalteten Monitore bei der Handelskrankenkasse Bremen, seit ein Pop-Up-Fenster die Nutzer*innen darauf hinweist.
Die Auswertung hat außerdem ergeben, dass die Einbindung der Mitarbeitenden absolut entscheidend ist, damit Green Nudges funktionieren. Sie kennen die Situationen im Arbeitsalltag, in denen die Anstupser wirken können, weil sie wissen, warum sich die Kolleg*innen auf eine bestimmte Weise verhalten.
Und wenn viele Menschen in vielen Situationen die klimafreundliche Handlungsoption wählen, kommt einiges zusammen: Die zehn klimabilanzierten Nudges aus der Pilotphase des Projekts haben im Durchschnitt 81,6 Kilogramm CO₂-Äquivalente im Monat eingespart. Hochgerechnet auf ähnliche Unternehmen in ganz Deutschland sowie die anderen wirksamen Nudges des Projekts ergibt dies ein Einsparpotenzial von mehr als fünf Millionen CO₂-Äquivalenten im Jahr– ohne hohe Investitionen.
Unternehmen, die Green Nudging selbst ausprobieren möchten, um schnell ihre Energie- und Materialverbräuche zu senken, finden auf der Website www.green-nudging.de genaue Erläuterungen, Praxisbeispiele und Leitfäden um Nudges anzupassen und zu entwickeln.